Baku - Hauptstadt am Meer
Mit weit über zwei Millionen Einwohnern ist Baku
(aserbaidschanisch: Baki) mit Abstand die größte Stadt Aserbaidschans.
Vor allem aber ist Baku eine Stadt, die immer wieder überrascht.
Eine äußerst turbulente Geschichte und zahlreiche kulturelle
Einflüsse machen es möglich, daß man sich bisweilen mitten
in Europa wähnt, im nächsten Augenblick in den Orient eintaucht,
um kurz darauf einem Rest von Sowjetcharme zu erliegen. Diese Mischung
und das kosmopolitische Flair machen den besonderen Reiz der aserbaidschanischen
Hauptstadt aus, in der Liebespaare am Meer spazieren und die Luft nach
Smog, Salz und Öl riecht. Neben alten und neuen Ölbaronen waren
hier so konträre Persönlichkeiten wie Zarathustra und Stalin
unterwegs, und selbst James Bond ging hier im Ölfeld auf Verbrecherjagd.
Der seit einigen Jahren anhaltende Ölboom sorgt zudem für eine
erstaunliche Dynamik: Hochhäuser schießen in den Himmel, Autos
drängen sich hupend auf überfüllten Straßen, alles
ist im Wandel - doch statt westlicher Hektik überwiegt orientalische
Gelassenheit. Besonders spürbar wird diese bei einem Bummel durch
Bakus gut erhaltene Altstadt Iceri Sahar.
Baku's Umgebung
Weite Teile der Umgebung Bakus bestehen aus karger Halbwüste, in
der sich jedoch einige der vielleicht interessantesten Sehens- und Merkwürdigkeiten
Aserbaidschans verbergen. Besonders widersprüchlich ist die Halbinsel
Abseron, die im äußersten Osten mit einem Nationalpark beginnt
und im Westen bis zur apokalyptischen Industriestadt Sumqayit reicht.
Der Nationalpark Altiagac und die Pirqulu-Region nördlich von Samaxi,
der einstigen Hauptstadt des mächtigen Schirwan-Khanats, bieten kühles
Klmia und Wandermöglichkeiten in bewaldeten Bergen. Am prominentesten
sind wohl die viele Jahrtausende alte Felszeichnungen von Qobustan, die
seit 2007 zum Unesco -Weltkulturerbe zählen. Die ältesten von
ihnen entstanden vor rund 10.000 Jahren.
Der Norden - An der Küste des Kaspischen Meeres entlang bis
Devaci
Der Nordosten Aserbaidschans ist nicht ohne Grund eines der beliebtesten
Reiseziele im Land. Je weiter man Baku Richtung Norden, nach Dagestan
verläßt, desto grüner und üppiger wird die Natur,
desto höher erheben sich die Gipfel des großen Kaukasus. Im
Westen sind sie steil und hoch, während gen Küste das gebirge
sanft abfällt. Das beste Wander- und Klettergebiet mit eindrucksvollen
Bergpanoramen befindet sich im Umfeld des Sahdag-Massivs, dessen vergletscherter
Gipfel mit 4.243 Metern der zweithöchste im Land ist. Eine Tour zu
Pferde zwischen Laza und dem zeitlosen Bergdorf Xinaliq zählt zu
den Höhepunkten einer Reise nach Aserbaidschan und vermittelt gleichzeitig
einen Eindruck der kulturellen Diversivität in dieser Gegend. Lesgier,
Bergjuden und Xinaluqen besiedeln hier die Hänge des Kaukasus und
sprechen jeweils eine eigene Sprache. Das Küstengebiet zwischen Xudat
und Nabran ist die Còte d'Azur der Aserbaidschaner. Hotels reihen
sich an einem sandigen Küstenstreifen, an dem sich im Sommer halb
Baku tummelt. Das lianenreiche Waldgebiet dahinter soll ein Nationalpark
werden. Das Flachland an der Nordküste war zu Zeiten des kaukasischen
Albanien durch lange Mauern geschützt, deren berühmtester Durchgang
das Eiserne Tor bei Derbent war. Die Mauern sind verschwunden und ihre
Steine anderweitig verbaut, doch Reste der Festungsanlagen verbergen sich
noch an den steilen Hängen des mysteriösen Besbarmaq. Unübersehbar
winkt er eineinhalb Stunden nördlich von Baku aus der Landschaft,
und ein Aufstieg zu seinen Felsfingern ist ein großartiges Erlebnis.
Zu seinen Füßen halten Busse, die Baku mit Quba und Nabran
verbinden. Nördlich davon führt eine Straße durch die
Cirax-Ölfelder zur gleichnamigen Burg auf einem steilen Felsen.
Der Westen - Ganca und Umgebung
Die alte Stadt Ganca (Gändschä) ist der Nabel des westlichen
Landzipfels zwischen Georgien und Armenien und die Heimat des vielgepriesenen
Dichters Nizami. Ihr bergiges Umland mit seinen weiten Tälern ist
bekannt für Weinanbau und gehörte im 19. Jh. als "Elisavetpol"
lange zu Tbilissi, zu dem es bis heute in enger Verbindung steht. Touristen
schenken dieser Gegend meist weniger Aufmerksamkeit als etwa den nördlicheren
Regionen der Republik, obwohl sie ein interessantes, wenngleich bislang
kaum ausgeschöpftes Potential hat. Dazu gehören die Spuren deutsch-kaukasischer
Vergangenheit, auf die man hier vielerorts stößt, und zu deren
Erkundung die Stadt Ganca eine gute Basis bietet. Göygöl (Xanlar),
Tovus, Samkir und Cinarli waren ursprünglich deutsche Siedlungen,
und auch im landschaftlich sehr schönen Gedebey sowie im wasserreichen
Mingacevir gibt es sichtbare Spuren deutscher Vergangenheit. Ein Hemmnis
für Exkursionen in die attraktivsten Regionen des kleinen Kaukasus
ist die Nähe zu den armenisch besetzten Gebieten. Der schöne
Bergsee Göygöl am Fuße des Bergs Kyapaz war bislang kaum
zugänglich, und Hacikand, potentiell eingrandioser Kurort, zum Flüchtlingslager
degradiert. Schlußendlich ist da noch die gähnend langweilige
Strecke, die man von Baku bis Ganca zurücklegen muß. Es wird
unbedingt geraten, das Stück dröge Steppe und Salzwüste
zwischen Elat und Yevlax zu meiden. Auch lokale Fahrer bevorzugen die
nördlichere Strecke über Samaxi und den Agsu-Paß, um dann
über Agdas Richtung Ganca zu fahren. Oder, noch besser, man steigt
in Baku in den Nachtzug, um morgens frisch in Ganca anzukommen. Wer mit
dem Auto und viel Zeit von Baku nach Georgien will, sollte generell erwägen,
die längere, aber landschaftlich unendlich viel reizvollere Strecke
über Saki zu wählen, um dann bei Balaken die Grenze zu passieren.
Der Süden - Von Elet nach Masalli
Die 70 Kilometer lange Fahrt auf der sehr gut ausgebauten Straße
von Baku bis Elet dauert etwa eine Stunde. Kurz vor Elet teilt sich die
Straße. In westliche Richtung führt die vierspurige Magistrale
M4 weiter über Haciqabul und Sirvan (ehemals Eli Bayramli) nach Kürdemir,
Ganca und Tbilissi in Georgien. Die Straße von Elet nach Salyan
führt geradlinig durch die sich hier ausbreitende, wenig abwechslungsreiche
Steppen- und Halbwüstenlandschaft des südöstlichen Sirvans.
Etwa 35 km hinter Elet ragt recht der Straße der "erloschene"
Schlammvulkan Kürsangi mehr als 100 m in die Höhe. Der Vulkan
ist eine gute Orientierungshilfe für den gegenüberliegenden
Eingang zum Sirvan Nationalpark, ein erster Höhepunkt auf der Reise
durch den Süden Aserbaidschans. Der Parkeingang ist bereits von weitem
an einer Säule zu erkennen, auf der das Wahrzeichen das Parks thront,
die in dieser Region beheimatete Kropfgazelle. Etwa 25 km hinter dem Sirvan
Nationalpark beginnt Salyan, einstige Hauptstadt des im 18. Jh. gleichnamigen
Khanats und heute Rayonzentrum. Bekannt ist Salyan seit dem Mittelalter
als Landwirtschafts- und Handelszentrum zwischen den nördlichen Khanaten
und Persien sowie für die Karawanen entlang der Seidenstraße
auf ihren Wegen von Asien über das Kaspische Meer weiter nach Westen.
Von Salyan bis vor Masalli erstrecken sich die südlichen Ausläufer
der Flußniederungen mit ihrer Steppen- und Halbwüstenlandschaft.
Auf den etwa 100 km durchquert man die beiden Rayonzentren Bliesuvar und
Celilabad sowie die alte russische Garnisonssiedlung Priship, heute Gäytapa.
Die Talisregion: Diese ganz im Südosten des Landes zwischen Kaspischem
Meer und Iran gelegene Region ist in jeder Hinsicht anders als alle anderen
Regionen Aserbaidschans. So ist das Klima hier an den unteren Osthängen
des Talisgebirges im Winter am wärmsten und mit Jahresniederschlägen
von 1400 mm sehr feucht (Abseron-Halbinsel unter 200 mm), ein Umstand,
der Südfrüchte, Reis und Tee gedeihen läßt. Auch
die üppige Natur der Hirkanischen Wälder, die mit 150 Gehölzarten
von einzigartiger Vielfalt sind, sucht in Europa ihresgleichen. Die hier
lebende Bevölkerung, die Talis, sind Nachfahren des westiranischen
Stammes der Meder, die vor ungefähr 4000 Jahren einwanderten, und
haben bis heute ihre eigene iranische Sprache bewahrt.
Naxchivan - Unbekanntes Terrain
Grandiose und fast menschenleere Berglandschaften, ein Hauch von Exotik
und das Gefühl, sich irgendwo im fernen Abseits zu bewegen: Das isolierte
Stück Halbwüste zwischen Armenien, Iran und Türkei ist
sicherlich das exklusivste Ziel einer Aserbaidschanreise. Zu Sowjetzeiten
war die Enklave Naxchivan (Nachtschiwan; Nachitschewan) meist geheime
Militärzone, heute kann man von Aserbaidschan aus nur über den
Iran oder auf dem Luftweg einreisen. Eine andere Landverbindung besteht
aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen derzeit nicht. Mit
anderen Worten: Ein weniger bekanntes Terrain, in das sich kaum ein westlicher
Tourist verirrt. Doch zwischen Berg Ararat und der historischen Stadt
Ordubad gibt es eine ganz eigene Welt zu entdecken, die einen bemerkenswerten
Reichtum alter Kulturgüter und nebenbei die meisten aserbaidschanischen
Präsidenten hervorgebracht hat. Die kuriose Enklave ist eine autonome
Republik mit eigener Verfassung und eigenem Parlament, jedoch in Fragen
der Verteidigungs- und Außenpolitik an Aserbaidschan gebunden. Mit
seinem Westzipfel grenzt Naxchivan an die Türkei, die wie der Iran
ein Konsulat in der Hauptstadt unterhält. Zu den kulturellen Höhepunkten
zählen die Stadt Naxchivan, die alte Handelsstadt Ordubad und das
Mausoleum des Cehan Kudi xatun in Qarabaglar.