Taipei
Was ist Taipei? Ein Paradebeispiel für
Umweltsünden? Gewiss. Vorbild für die industrielle Entwicklung in einem
Land ohne natürliche Ressourcen? Auch das. Volkstümliches und ländliches
China? Hort der konfuzianisch-kaiserlichen Traditionen? International?
Typisch taiwanesisch? Von allem ist Taipei ein wenig, und diese Mixtur
macht wohl den Kern des "Abenteuers Taipei" aus.
Es gibt auf der Welt wenige Millionenstädte mit chaotischeren Verkehrsverhältnissen.
Seit 1996 fährt in der 2,6 Millionen-Stadt die erste Schnellbahn, die
mehr Entlastung bringt als der allmähliche Ausbau des U-Bahn-Netzes,
das teilweise schon in Betrieb ist. Kein Haus bleibt in Taipei wirtschaftlich
ungenutzt: Kleine Läden für Artikel des täglichen Bedarfs - ob für Obst,
Tabak oder Getränke -, Auto- und Motorradwerkstätten, Handwerksbetriebe,
Arzt- und Anwaltspraxen, und die vielen kleinen Restaurants und Imbissstände
legen Zeugnis davon ab. Dazu kommen noch die vielen Straßenmärkte. In
der City dominieren chinesische und japanische Warenhäuser, Shopping-Center,
Luxuspassagen und die Büropaläste der Banken und Großkonzerne.
In den schmalen Seitenstraßen wandelt sich das Bild: Man entdeckt kleine
Tempel, in denen beliebte Schutzpatrone wie die Göttin Matsu verehrte
werden. Dort entzündet die Großmutter Weihrauchstäbchen und bringt einige
Orangen und Papayas als Opfer dar, damit der kleine Enkel doch rasch
seine Grippe überwinde. Nebenan liegt vielleicht ein kleiner Markt mit
ein paar Ständen für Obst, Lebensmittel und Gewürze, Haushaltswaren
und ein wenig Naturmedizin. Imbissstände servieren Nudelsuppen oder
Teigtaschen. Zwischen Tempel und Markt sitzen alte Männer, plaudern
oder spielen Mah-Jongg. Zu diesen "inoffiziellen" Sehenswürdigkeiten,
die man am besten auf einem Spaziergang selbst entdeckt, kommen natürlich
die "offiziellen" Sehenswürdigkeiten, mit dem weltbekannten
Palastmuseum an erster Stelle.
Osttaiwan
Das ländliche, nur relativ schwach besiedelte
Osttaiwan ist geologisch ein Teil des Pazifiks und des chinesischen
Kontinents: Die Schnittstelle ist der stark erdbebengefährdete Huatung-Graben.
Westlich des Grabens ragt das Zentralgebirge (Chungyang Shanmo) mit
fast 4000 m Höhe auf, östlich verläuft von Hualien bis Taitung das über
1600 m hohe Küstengebirge. Auf über 300 km Länge wird die Ostküste von
zum Teil atemberaubenden Kliffs gebildet, die sich untermeerisch im
fast 5000 m tiefen Ryukyu-Graben fortsetzen. Siedlungen und Felder findet
man daher nur im Längstal-Graben oder dort, wo die Flüsse an der Mündung
Schwemmfächer aufgebaut haben. In Osttaiwan bietet die Natur die Hauptattraktion,
an erster Stelle die großartige Taroko-Schlucht.
Entlang der Küste führt in oft gewagten Konstruktionen der East Coast
Highway, der auf japanischen Straßenbau in den 1920er Jahren zurückgeht.
Besonders der 1991 erweiterte und seitdem abgesicherte Suhua-(Suao-Hualien-)Highway
bietet überaus reizvolle Ausblicke auf eine bizarre und bei Sturm sehr
gewegte Küstenlandschaft sowie auf steile, von Urwald bedeckte Berge.
Durch den Bau der neuen Bahnlinie von Taipei über Hualien nach Kaohsiung
kann man ebenfalls seit 1991 ganz Taiwan auch auf der Schiene umrunden,
wobei die durch Berge und Schluchten führende Strecke zwischen Suao
und Hualien zu einer der eindrucksvollsten Eisenbahnlinien der Welt
gehören.
Zentrales Bergland
Es gibt Leute, die behaupten, Taiwan könnte
so riesig wie Texas sein, hätte man nur nicht alles hochkant gestellt.
Sicher ist, dass die Insel unzählige Berge bis zu 3952 m Höhe aufweist.
Schneebedeckte Gipfel - die höchsten in Ostasien jenseits von Tibet
-, klare Bergseen, in denen sich bewaldete Hänge und Tempel spiegeln,
dampfende, mineralhaltige Heilquellen, dichte grüne Wälder und die farbenprächtige
Kultur der Ureinwohner.
Diese Bilderbuchlandschaft mit ihren im Sommer angenehmen Temperaturen
ist ideal zur Erholung und wird auch entsprechend von den Taiwanesen
genutzt, die hier einmal der dicken Luft der Städte entfliehen können.
Und das tun sie auch oft und gern, wie die große Anzahl an Bergwander-
und Kletterclubs in allen größeren Orten Taiwans beweist. Diese Clubs
veranstalten auch regelmäßig Wandertouren, bei denen jeder mitmachen
kann. Die Freitagsausgaben der chinesischen Zeitungen bieten umfangreiche
Informationen über die offenen Aktivitäten aller taiwanesischer Wandervereine,
die unter anderem für Großstädter in Zeitnot auch reichlich Sonntagsausflüge
in die nähere Umgebung der Metropolen abhalten.
Westtaiwan
Nur wenige Regionen der Erde sind so dicht
besiedelt, so hoch industrialisiert und gleichzeitig auch so intensiv
landwirtschaftlich genutzt wie das westliche Tief- und Hügelland Taiwans.
Hier, wo die meisten chinesischen Siedler zum ersten Mail taiwanesischen
Boden betraten, finden sich zudem die lebendigsten und prunkvollsten
Stätten der inseltypischen Religiösität.
Südtaiwan
Im südlichen Taiwan treffen Geschichte
und Gegenwart, Natur und Kultur in vielen Fällen besonders heftig aufeinander.
Da steht z.B. unmittelbar am Rande des Nationalparks von Kenting am
südlichen Ende der Insel ein Atomkraftwerk; sein Kühlwasser mündet wenige
Meter von einer einzigartigen Korallenbank entfernt in den Ozean. Da
findet man Stahlwerke, Ölraffinerien und Chemiefabriken, die das ganze
Gebiet um Kaohsiung in Smog hüllen, und weiter nördlich in Tainan die
Denkmäler der frühen Geschichte Taiwans. Ananas- und Reisfelder erstrecken
sich bis an modernste Industrieanlagen.
Südtaiwan ist die Gegend der ersten chinesischen Invasionen und der
ersten Ansiedlungen westlicher Mächte. Südtaiwan ist aber auch das Bergland,
wo einfache Ureinwohnerstämme, die noch vor wenigen Generationen auf
Kopfjagd gingen, ihre kulturelle Eigenart bewahrt haben. Ganz im Süden,
wo das tropische Taiwan zu den Philippinen weist, liegt einer der bedeutendsten
Naturschätze Taiwans, der Kenting-Nationalpark mit weiten Badestränden,
Vogelparadiesen und tropischem Regenwald.